Die Montessori-Pädagogik hat eine eigene nationale und internationale Fachsprache.
Montessori-Pädagog:innen nutzen eine Reihe von Begriffen, die die Welt des Kindes aus der Sicht der Montessori-Pädagogik beschreibt.
In der Montessori-Pädagogik sind das einzelne Kind und die individuelle Lernentwicklung Ausgangspunkt des Unterrichts. Je diverser die Lerngruppe ist, um so vielfältiger ist die Möglichkeit, voneinander zu profitieren. Jüngere Schüler:innen lernen von älteren und diese festigen wiederum Gelerntes durch Wiederholung. Das gilt für Montessori-Kinderhäuser ebenso wie für Montessori-Schulen. In Montessori-Grundschulen lernen die Kinder von der 1.–6. Klasse oder von der 1.–3. und 4.–6. Klasse zusammen. In Anpassung an das klassische deutsche Schulsystem kann auch in einer Lerngruppe von der 1.–4. Jahrgangsstufe gemeinsam geforscht und gelernt werden. Die Montessori-Pädagogik sieht grundsätzlich vor, dass Schüler:innen an Montessori-Sekundarschulen von der 7.–12./13. Klasse gemeinsam lernen. In Anpassung an das deutsche Schulsystem werden jedoch die Jahrgangsstufen 7–10 und die Jahrgänge 11–12/13 in Lerngruppen zusammengefasst.
Aus evolutionärer Sicht haben Menschen eine sehr lange Kindheit, in der sie lernen und sich ausprobieren können. Die meisten Sozialwissenschaftler:innen bezeichnen dieses nicht angeleitete Lernen als „Spiel“ (siehe z.B. Groos, 1901). Maria Montessori zog es hingegen vor, spielerische Aktivitäten als „Arbeit“ zu bezeichnen. Denn letztlich bringen diese frei gewählten Arbeiten Kinder in Kontakt mit ihrer Umwelt und helfen ihnen, mit der Realität besser zurechtzukommen. Die Arbeit der Künstler:innen kommt, ebenso wie die freie und kreative Arbeit der Erfinder:innen, dem eigentlichen Arbeitscharakter der Kinder nahe. Deshalb sprechen wir in der Montessori-Pädagogik auch vom Kind als „Baumeister des Menschen“. Vor allem die frühen Jahre der Kindheit und Pubertät sowie der Adoleszenz sind Jahre schöpferischer Tätigkeiten, zuerst unbewusst, dann immer bewusster. Nicht zuletzt ging es Maria Montessori aber darum, durch die Bezeichnung „Arbeit“ statt „Spiel“ die Erwachsenen dafür zu sensibilisieren, die Tätigkeiten und Bedürfnisse der Kinder ebenso ernst zu nehmen wie ihre eigenen.
Damit betitelt Montessori einen Geist, der Wissen und Eindrücke der Welt schnell und mühelos aufnehmen kann. Montessori sagte, dass das Kind in der 1. Entwicklungsphase (0-6 Jahre) einen sehr aktiven absorbierenden Geist hat, denn es werden „…alle Eindrücke nicht mit dem Verstand, sondern mit dem eigenen Leben“ (M.M.: Das kreative Kind) in sich aufgenommen.
In der Kosmischen Erziehung spielen die sogenannten Bildtafeln eine große Rolle. Sie werden zum Beispiel während der großen Erzählungen gezeigt aber auch bei kleineren Darbietungen. Auf ihnen werden komplexe Zusammenhänge aus dem Schwerpunkt der Erzählung impressionistisch dargestellt, um die Vorstellungskraft der Kinder im Alter von 6-12 Jahren anzuregen. Dem Kind wird die Möglichkeit eröffnet sich einen Eindruck von einem bestimmten Konzept zu schaffen, das ihm lebendig in Erinnerung bleibt.
In der Pädagogik Maria Montessoris, die konsequent vom Kind ausgeht, kommt dem aufmerksamen Beobachten ein besonderer Stellenwert zu. Dabei steht das objektive Beobachten im Zentrum, welches enormer Übung bedarf. Eine objektive Aussage wäre: „Tom hat das Puzzle zehnmal wiederholt.“ Es ist ersichtlich, wie oft er es wiederholt hat, anstatt einer subjektiven Aussage wie „Tom mag Puzzle wirklich“, die wahr sein kann oder nicht. Die regelmäßige Beobachtung einzelner Kinder dient dazu, den Arbeitsrhythmus des Kindes zu erkennen und die Entwicklung seiner Konzentrationsfähigkeit hin zur Polarisation zu beschreiben. Dadurch ist es möglich den Zeitpunkt zu erahnen, wann und wie das Kind in seiner Entwicklung voranschreitet und wie wir es entsprechend angemessen begleiten können.
Charts sind Schaubilder, die als Montessori-Material in der Umgebung für die Grundschulkinder (2. Entwicklungsstufe) dienen. Ursprünglich zeichneten Montessori-Pädagog:innen in wenigen Strichen ein Bild, um den Kindern, zusätzlich zum Erzählten, einen visuellen Eindruck zu vermitteln. Heute gibt es die Charts zu den zahlreichen Inhalten für die 2. Entwicklungsphase vorgedruckt. Sie sind Bestandteil der internationalen Montessori-Ausbildung.
Erwachsene in einer Montessori-Umgebung unterrichten nicht im traditionellen Sinne. Vielmehr zeigen sie dem Kind – auf seinen Wunsch hin – wie man die verschiedenen Entwicklungsmaterialien benutzt. Anschließend kann das Kind frei weiterarbeiten, Möglichkeiten erforschen und experimentieren. Dieser Akt des Zeigens verhilft dem Kind zu einer fundierten Wahl und wird als Darbietung bezeichnet. Um eine effektive Darbietung zu erreichen, muss diese langsam und genau Schritt für Schritt geschehen.
Durch ihre jahrelangen Beobachtungen erkannte Maria Montessori, dass Kinder, wenn sie in Freiheit tätig sein können, einen bestimmten Arbeitszyklus aufweisen, der so vorhersehbar ist, dass er sogar grafisch dargestellt werden kann. Dieser Zyklus stellt sich mit „zwei Gipfeln und einem Tal“ dar. Maria Montessori spricht in dem Zusammenhang von der sogenannten „Polarisation der Aufmerksamkeit“, also dem kompletten Aufgehen des Kindes in einer selbstgewählten Arbeit, aus der es Energie und Motivation zieht, statt zu ermüden. Kinder benötigen zur Entwicklung eine ungefähr dreistündige Phase der freien Wahl der Arbeit. Deshalb haben Kinder in Montessori-Einrichtungen mindestens diese drei Stunden Zeit, sich für eine selbstständige Arbeit zu entscheiden und intensiv darin zu „versinken“ („Flow“), zu ihrer eigenen Zufriedenheit zu wiederholen bzw. durch neue und schwierigere Aufgaben ihre Leistung zu steigern.
Gemeint ist hier, Selbstdisziplin. Die Disziplin in einem gut geführten Montessori-Bildungseinrichtung ist nicht das Ergebnis der Kontrolle der Lehrenden oder von Belohnungen oder Bestrafungen. Ihre Quelle kommt aus jedem einzelnen Kind, das seine eigenen Handlungen kontrollieren und positive Entscheidungen in Bezug auf sein persönliches Verhalten treffen kann. Selbstdisziplin steht in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung des Willens. Montessori bezeichnete Freiheit und Disziplin als zwei Seiten einer Medaille, ebenso Individuum und Gemeinschaft.
Die Entwicklung des Kindes vollzieht sich nicht linear in einer aufsteigenden Linie, sondern in unterschiedlichen Phasen. Auf der Basis ihrer Beobachtungen hat Maria Montessori diese Entwicklung in vier Phasen eingeordnet und bereits in den 1930er Jahren Zeichnungen dazu angefertigt. Sie verglich die unterschiedlichen Entwicklungsphasen des Kindes auf seinem Weg zum Erwachsenen mit der Metamorphose des Schmetterlings, wie sie der holländische Biologe Hugo de Vries (1848–1935) beschrieben hat.
Mitte des 20. Jahrhunderts zeichnete Montessori zwei Charts: „Constructive Rhythm of Life“ (Perugia 1950) und „The Bulb“ (Rom 1951). Hierin visualisierte sie auch die Differenz ihres Entwicklungsplanes zu den Bildungskonzepten traditioneller Systeme.
In beiden Charts veranschaulicht Montessori den Entwicklungsweg des Kindes von der Geburt an bis hin zum Erwachsenen. Dieser Weg vollzieht sich in vier Phasen:
Das Wichtigste an Montessoris Konzept der Entwicklungsphasen ist, dass die einzelnen Lebensabschnitte unabhängig voneinander anzusehen sind. Jede Entwicklungsphase hat eigene Bedürfnisse und braucht eine eigene Umgebung, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Der „Erdkinderplan“ ist das Pädagogische Konzept für die dritte Entwicklungsphase der 12–15-jährigen Jugendlichen. Im Zentrum dieses Konzeptes steht die Vorbereitung der jungen Menschen auf das Leben in der Gesellschaft und der Welt. Dies beinhaltet die praktische Umsetzung der gelernten Kompetenzen aus den vorhergegangenen Jahren sowie die intensive Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen, ökologischen, politischen und spirituellen Themen, verbunden mit arbeiten und studieren (work and study). Der Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter ist geprägt von vielen Umbrüchen. Es geht für die Jugendlichen darum, eine neue Identität als soziale Wesen und ihren Platz in der Gemeinschaft zu finden. „Jugendliche brauchen eine Schule, die keine Schule ist.“ (M.M.: Von der Kindheit zur Jugend)
Die freie Wahl der Arbeit ist ein zentrales Grundprinzip der Montessori-Pädagogik. Siehe dazu das Stichwort Dreistündiger Arbeitszyklus der freien Wahl.
Grundschüler:innen haben einen enormen Wissensdurst, der nicht nur im Klassenraum gestillt werden kann. Sie sollten die Möglichkeit bekommen, im Rahmen eines „Going out“ in Bibliotheken zu recherchieren, Museen zu besuchen oder beispielsweise Kirchenglocken zu besichtigen. Ausgangspunkt des Ausflugs ist stets das individuelle Interesse und aktuelle Forschungsgebiet der Schüler:innen. Ein „Going out“ ist stets ein selbstorganisierter Ausflug einer kleinen Schülergruppe und unterscheidet sich damit von einem Klassenausflug. In der vorbereiteten Umgebung braucht es entsprechendes Material, damit die Schüler:innen eigenständig agieren können. Wie für jedes Material in der Umgebung der Fall, zeigt der/die Montessori-Pädagog:in die Handhabung in einer Darbietung.
Nach Maria Montessori lassen sich die grundlegenden Bedürfnisse der Menschen in zwei Kategorien einteilen: materiell (Überlebensbedürfnisse) und spirituell (Seele und Intellekt). Die Kenntnisse über diese Bedürfnisse sollen den Kindern helfen zu verstehen, dass alle Menschen weltweit die gleichen Grundbedürfnisse haben, obwohl diese Bedürfnisse von verschiedenen Kulturen auf unterschiedliche Weise erfüllt werden. Diese Weltanschauung ist der Kern der Montessori-Philosophie und der kosmischen Erziehung – sie fördert Frieden, Verständnis und Respekt für Menschen auf der ganzen Welt.
Ein zentrales Konzept der Montessori-Philosophie ist, dass alle Menschen bestimmte geistige Grundbedürfnisse aufweisen, die universell, alters- und kulturübergreifend existieren. Sie scheinen die Evolution des Menschen schon sehr früh begleitet zu haben. Maria und Mario Montessori betonen die Notwendigkeit, die Realisierung dieser Grundbedürfnisse zu ermöglichen (DAS KIND Sonderheft 2021 und DAS KIND Nr. 64).
Die mit dem Entwicklungsmaterial unmittelbar verbundene Fehlerkontrolle stellt eine Möglichkeit dar, dem Kind durch die Sache selbst ein sofortiges Feedback zu geben. Es erhält auf diese Weise die Möglichkeit, seinen eigenen Lernfortschritt zu beurteilen – ohne eine Bewertung des Erwachsenen. Dies fördert sein Selbstwertgefühl, sein Selbstwirksamkeitserleben und seine an der Sache bzw. Aufgabe orientierte intrinsische Motivation. Die Selbstkontrolle von Fehlern ist ein wesentlicher Aspekt der selbsttätigen Erziehung. So erkennt das Kind, dass Fehler ein „Freund des Lernens“ sind.
In jeder Handlung des Kindes steckt ein zukunftsbezogenes Interesse. Beispielsweise wird es einem Kind Spaß machen, verschiedene dreieckige Formen zusammenzusetzen, ohne zu ahnen, dass sein Verstand aufgrund dieser Arbeit später die Geometrie besser versteht. Dies wird auch als „Indirekte Vorbereitung“ bezeichnet. Der tiefere Zweck vieler Montessori-Aktivitäten der jungen Kinder liegt sowohl in der Gegenwart als auch in der Zukunft.
Maria Montessori erkannte, dass Kinder, die sich zu lange mit komplexen Aufgaben befassten oder die notwendigen Details nicht beherrschten, nicht mehr an der Übung interessiert waren. Um dem entgegenzuwirken, schlug sie vor, dass Erwachsene den Kindern während ihrer Aktivitäten sogenannte „Points of Interest“ also „Interessenpunkte“ mit an die Hand geben sollten, die ihnen beim Lernen als Wegpunkte dienen. Diese Punkte leiten das Kind zu seinem Ziel und regen Wiederholung und Weiterarbeit an. Die Leistungen des Kindes verfeinern sich durch Versuch und Irrtum, wobei die „Points of Interest“ als Wegweiser auf dem Weg zum Erfolg dienen.
Vor einer Präsentation analysieren Montessori-Pädagog:innen die Aktivität, die sie dem Kind zeigen möchten. Abläufe oder Bewegungen, die sich als problematisch erweisen könnten, werden isoliert und dem Kind separat beigebracht. Damit erhält das Kind Gelegenheit, sein inneres Verhaltens- und Tätigkeitsmuster Schritt für Schritt aufzubauen. Zum Beispiel wird das Halten und Schneiden mit einer Schere erst anhand einer einfachen Übung gezeigt, bevor gekrümmte Linien oder Zickzacklinien geschnitten werden. Eine Aufgabe sollte weder zu schwer noch zu leicht sein.
Laut Maria Montessori sind die Entwicklungsabläufe von Beginn an in jedem Kind angelegt. Sie bezeichnet dies als immanenten Bauplan. So wie jeder Mensch anders aussieht und sich der Körper nach einem scheinbar unsichtbaren Plan aufbaut, ist es auch mit den nicht „physischen“ Entwicklungsbereichen. Durch Beobachtung erkennt der Erwachsene, wo das Kind sich in seiner Entwicklung befindet und was es für diese benötigt.
Das Montessori-Kinderhaus ist ein Haus für Heranwachsende zwischen 3 und 6 Jahren, in dem Kinder gemeinsam leben, lernen und wachsen können. Alles, was für eine optimale menschliche Entwicklung notwendig ist, ist dort in einer sicheren und für Kinder verfügbaren Umgebung vorhanden.
Die internationalen Fachbegriffe sind: Primary, Casa dei Bambini und Children’s House.
Das junge Kind übt Klassifizierungen, weil dieser Prozess für den Aufbau des Intellekts wesentlich ist. Das Kind braucht geistige Muster sowie Regeln, um sich zu orientieren und sein Denken und Handeln zu entwickeln. Die vorbereitete Umgebung nach Montessori bietet zum Sortieren, Klassifizieren, Zuordnen und Unterscheiden vielfältige Möglichkeiten.
„Je länger man sich mit einem Thema befasst, desto besser beherrscht man es. [...] Eine Ausbildung, die diese Fähigkeit verbessern sollte, wäre die Ausbildung schlechthin“ (James 1892). Maria Montessori, die William James persönlich kannte, machte genau das: Sie hatte erkannt, dass sich das Interesse des Kindes und seine Energie auf den Aspekt der Umwelt konzentrieren, der seinem Entwicklungsbedürfnis am meisten entspricht. Dazu war es nötig, in der Umgebung des Kindes für die Selbsttätigkeit geeignete Entwicklungsmaterialien bereitzustellen und dem Kind eine freie Wahl zu ermöglichen.
Die Koordination der eigenen Bewegungen ist eine der größten Errungenschaften der frühen Kindheit. Durch die eigene Anstrengung des Kindes versucht es, seine Muskelkoordination zu verfeinern. Es erhält dadurch ein immer höheres Maß an Unabhängigkeit. Aufgrund dieses Entwicklungsbedarfs fühlen sich Kinder zu Aktivitäten hingezogen, die Bewegung beinhalten, insbesondere zu solchen, die ein gewisses Maß an Genauigkeit und Präzision erfordern.
„Cosmic Education“ wird der Lehrplan Maria Montessoris für die 2. Entwicklungsphase genannt. Allerdings nicht im Sinne eines Curriculums, sondern im Sinne eines Erziehungs- und Entwicklungsplans. Grundschulkinder wollen alles wissen und fragen nach dem „Warum“ und dem „Wie“. Die Beantwortung grundsätzlicher Fragen hat stets eine holistische Weltsicht im Blick. Für Maria Montessori stellte der Kosmos, also das Universum, einen geordneten Raum dar, der aus Gesetzen und Beziehungen besteht. Dass Kinder die Zusammenhänge und Interdependenzen erfahren, war Montessori ein zentrales Anliegen. Der Chart zu den Interdependenzen gehört in diesem Sinne zum wichtigsten Montessori-Material in einer vorbereiteten Umgebung der 2. Entwicklungsphase.
Die „Kosmische Erziehung“ bezeichnet das Pädagogische Konzept für die zweite Entwicklungsphase der 6–12-jährigen Kinder. Nach Maria Montessori bedeutet Lernen, dem Kind von Anfang an die großen Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten der Welt, Gesellschaft und Kultur innerhalb des „Kosmos“ zu ermöglichen. Unter „Kosmos“ versteht Montessori zu einem das Wissen um die Gesetzmäßigkeiten in der Natur und zum anderen das Bewusstsein der Wechselbeziehung (Interdependenzen) von Mensch und Natur wie auch der Menschen untereinander. Das Konzept des Kosmischen Erziehung beinhaltet in der Umsetzung vielfältige Antworten auf die Entwicklungsbedürfnisse der Kinder von 6-12 Jahren.
Viele Kinder kennen das Alphabet, können die Laute jedoch nicht in Worten identifizieren und wissen auch nicht, dass Wörter aus einzelnen Lauten bestehen (phonemische Wahrnehmung). Ab dem Alter von etwa zwei Jahren, sobald das Kind fließend spricht, kann es durch Lautspiele auf die Buchstaben in Worten aufmerksam gemacht werden.
In der materialisierten Abstraktion besteht nach Montessori eine logische und entwicklungsgerechte Weiterentwicklung des Kindes. Es wird dabei zuerst mit einem konkreten Material bekannt gemacht, das eine abstrakte Idee wie Größe oder Farbe verkörpert (z.B. Farbtäfelchen). Aufgrund des praktischen Hantierens damit erfasst der Geist des Kindes die dem Material innewohnende Idee und bildet eine Verallgemeinerung und schließlich eine Abstraktion dazu. So kann das Kind nach und nach dieselbe Idee in symbolischer Form erfassen.
Kinder scheinen eine Tendenz für schwierige bzw. schwere Arbeiten zu haben, die ihre Fähigkeiten auf die Probe stellen. Diese vermitteln ihnen ein Gefühl für ihre wachsenden Kräfte. Sie jubeln, wenn sie sich maximal anstrengen dürfen. Zum Beispiel wird ein junges Kind Schwierigkeiten haben, ein Tablett mit Saftgläsern zu tragen oder eine schwere Schubkarre zu schieben. Dieses Bedürfnis nach Anstrengung und Leistung zeigen auch Kinder im Grundschulalter und Jugendliche beim Erwachsenwerden, wenn sie entsprechende Herausforderungen selbst wählen und sich freiwillig anstrengen dürfen.
Kinder oder Jugendliche in der Montessori-Umgebung lernen vom Konkreten zum Abstrakten. Im Montessori-Kinderhaus und in der Montessori-Grundschule gibt es dazu eine Vielzahl an Materialien, die von Maria Montessori auf der Basis ihrer Beobachtungen entwickelt wurden. In diesen Materialien hat sie abstrakte Aspekte, wie beispielsweise Zahlen, konkret und anfassbar gemacht. Montessori-Pädagog:innen sprechen in diesem Zusammenhang von Materialisierter Abstraktion. Aufbau und Struktur der Materialien sind durchdachte, kleinschrittige Wege vom konkret Anfassbaren hin zur Abstraktion. Grundsätzlich dient das Material stets der individuellen Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen und wird aus diesem Grund auch als Entwicklungsmaterial bezeichnet.
Alle Babys werden mit einem mathematischen Verstand geboren, das heißt, sie haben eine natürliche Bereitschaft, Dinge zu lernen, die ihre Fähigkeit verbessern, genau zu sein, zu beobachten, zu vergleichen, zu klassifizieren und zu ordnen. Menschen neigen von Natur aus dazu, zu rechnen, zu messen, zu argumentieren, zu abstrahieren, sich etwas vorzustellen und zu erschaffen. Diesem lebenswichtigen Teil der Intelligenz muss Hilfe und Unterstützung durch eine Vorbereitete Umgebung zu Teil werden, damit er sich entwickeln und funktionieren kann.
Unter dem Buchstaben „P“ finden wir leider keinen Treffer in unserem Montessori-Glossar.
Nach Montessori ist die kindliche Psyche ein Geheimnis, welches wir nicht antasten dürfen, sie bildet das Zentrum. Vielmehr kommt das Kind über die Peripherie, also die Sinne und die Bewegung, in Kontakt mit seiner Umwelt. Durch die sichtbaren Äußerungen ist es möglich, die innere Arbeit des Kindes zu interpretieren und damit eine Anbahnung des Verstehens zu erzeugen. Deshalb spielt die Beobachtung in der Montessori-Pädagogik eine wichtige Rolle, denn nur durch sie, kann die pädagogische Fachkraft die Aktivitäten an der Peripherie des Kindes wahrnehmen und die vorbereitete Umgebung entsprechend gestalten.
Die ersten drei Lebensjahre sind eine Zeit der geistigen Schöpfung, genauso wie die 9 Monate der Schwangerschaft eine Zeit der körperlichen Schöpfung sind. Das Gehirn wartet auf Erfahrungen in der Umwelt, um den genetischen Bauplan zu konkretisieren. Da nach der Geburt so viel geistige Entwicklung stattfindet, nannte Montessori das menschliche Kind in diesem Entwicklungsalter einen psychischen Embryo.
Junge Kinder durchleben verschiedene sensible Perioden, in denen sie zu Lernaktivitäten anreget werden und von Natur aus motiviert sind. Es zeigt sich, dass ein Kind in einem sensiblen Zeitraum eine spontane Konzentration zeigt, wenn es einer bestimmten Aktivität nachgeht. Dabei wiederholt es diese ständig, ohne externe Belohnung oder Ermutigung. In der Montessori-Pädagogik gibt es sensible Perioden oder Lernfenster für Bewegung, Sprache, Ordnung, aber auch für Sinneserfahrungen und Musik.
Die Sinnesmaterialien wurden entwickelt, um jungen Kindern bei der Entwicklung und Organisation ihrer Intelligenz zu helfen. Jedes wissenschaftlich entworfene Material isoliert eine Qualität wie Farbe, Größe, Form, Schwere usw. Diese Isolierung lenkt die Aufmerksamkeit nur auf einen Aspekt. Das Kind kann durch wiederholte Übungen Verallgemeinerungen zu diesen Objekten ableiten. Was sich im jungen Alter noch nicht mit Worten erklären lässt, lernt das Kind durch Erfahrung im Umgang mit den sensorischen Materialien, den sogenannten „materialisierten Abstraktionen“. Mithilfe der Sinnesmaterialien erschließen sich Kinder neue geistige Dimensionen ihrer Welt, wenn sie zum Transfer ihrer Erkenntnisse in die Wirklichkeit angeregt werden.
Ein Tätigkeitsbereich der Montessori-Pädagogik, der für die erste Entwicklungsphase geeignet ist, bereitet Kinder darauf vor, ihre Umwelt unabhängig von der Hilfe der Erwachsenen zu nutzen. Die Übungen ähneln einfachen praktischen Arbeiten des häuslichen Lebens: Fegen, Abstauben, Geschirr spülen usw. Diese gezielten Aktivitäten helfen dem Kind, sich an seine soziale Gemeinschaft anzupassen, Selbstbeherrschung zu erlernen und selbsttätig die Sorge für sich, die Gruppe und die Umgebung zu übernehmen. Die körperlichen und geistigen Kräfte des Kindes wachsen, wenn es mit seinen Händen praktisch arbeitet. Sein Verantwortungsgefühl und sein Selbstwertgefühl werden ebenfalls gestärkt.
Unabhängig zu sein bedeutet, die Freiheit zu haben, etwas selbst tun und entscheiden zu können. Normale Entwicklungsmeilensteine wie Entwöhnen, Gehen, Sprechen usw. können als Ereignisse angesehen werden, die dem Kind ermöglichen, eine erhöhte Individualisierung, Autonomie und Selbstregulierung zu erreichen. Während der vier Entwicklungsphasen bemühen sich Kinder und Jugendliche kontinuierlich, unabhängiger zu werden: persönlich, kulturell und in der Lebensgestaltung. Hier gilt das bekannte Motto von Maria Montessori: Hilf mir, mir selbst zu helfen.
Der Montessori-Gruppenraum oder die -Klasse ist eine Umgebung, die vom Erwachsenen für die Kinder und Jugendlichen vorbereitet wurde. Zu dieser Umgebung zählt das Außengelände, wie z.B. der Schulhof, genauso wie alle Innenräume, die den Kindern und Jugendlichen zur Verfügung stehen. Diese vorbereitete Umgebung enthält alles Notwendige für eine optimale Entwicklung jedes Kindes, aber nichts Überflüssiges. Zu den Merkmalen einer vorbereiteten Umgebung gehören Ordnung und Funktionalität, Schönheit und Einfachheit. Die Gestaltung ist angepasst an Alter und Größe der Kinder und Jugendlichen, um die Unabhängigkeit zu fördern. Erwachsene mit einer Montessori-Ausbildung und eine ausreichend große altersgemischte Gruppe von Kindern bilden ebenfalls einen wesentlichen Bestandteil der vorbereiteten Umgebung. Für jede Entwicklungsphase gibt es eine eigene vorbereitete Umgebung.
Imagination meint, ein mentales Konzept für das zu erschaffen, was den Sinnen nicht gegenwärtig ist. Kreativität ist ein Produkt der Vorstellungskraft. Sie kombiniert vorhandenes Können und Wissen auf neue und erfinderische Weise. Beide sind abhängig von mentalen Bildern, die durch sensorische Erfahrungen entstehen.
Ein Kind arbeitet nicht, um äußere Ziele zu erreichen, sondern innere. Folglich wird es seine Aktivitäten häufig wiederholen, bis sein inneres Ziel erreicht ist. Dieser unbewusste Drang zu wiederholen hilft dem Kind, seine Bewegungen zu koordinieren oder neue Fertigkeiten zu erwerben. Wiederholungen wirken für den Erwachsenen oft überflüssig – sind aber für Kinder ganz wesentlich.
Der Wortschatz eines Kindes nimmt in den sensiblen Jahren der Sprachentwicklung (von 3 bis 6 Jahren) exponentiell zu. Um diesen natürlichen Hunger nach Wörtern zu stillen, wird ihnen ein umfangreicher Wortschatz zur Verfügung gestellt: Bezeichnungen aus der Biologie, Geometrie, Geografie etc. sowie Bezeichnungen der Eigenschaften des sensorischen Materials. Der absorbierende Verstand des Kindes nimmt alle diese neuen Wörter „schnell und brillant“ auf (Montessori 1946).
Die Fähigkeit, etwas bewusst zu wollen oder zu tun, entwickelt sich in der ersten Lebensphase allmählich und wird durch Wiederholung gestärkt. Die Montessori-Umgebung bietet dem Kind Möglichkeiten zu einer wissenden freien Wahl.
Das Zentrum gehört dem Individuum allein, es wird als Ausgangspunkt für die Potentiale des Kindes angesehen. Nach Montessori ist die kindliche Psyche ein Geheimnis, welches Außenstehende nicht antasten dürfen, da es ihnen nicht gehört. Vielmehr gilt es zu lernen, dieses Geheimnis zu achten.
Der Name „Montessori“ ist kein geschützter Begriff und damit frei verwendbar. Aus pädagogischer Sicht gibt es sehr wohl Kriterien, die die sogenannten Montessori-Materialien in sich tragen, so spielen unter anderem die Aspekte der Selbstkontrolle sowie die Begrenzung von Schwierigkeit/Eigenschaft eine Rolle. Das Montessori-Material wird als sogenanntes Entwicklungsmaterial angesehen, da es zu einer ganz bestimmten Zeit den Entwicklungsbedürfnissen des Kindes entspricht und eine Anregung/Herausforderung zu dessen Entwicklung beinhaltet.
Die Zusammenstellung der Begriffe entspricht dem AMI-Glossar.
Es wurde seinerzeit von der verstorbenen Annette Haines (Montessori-Ausbildungszentrum in St. Louis) auf Anfrage von Molly O'Shaughnessy (Montessori-Zentrum in Minnesota) vorbereitet, um ihren Vortrag auf dem Joint Annual Refresher Course zu begleiten, der im Februar 2001 in Tampa, Florida, stattfand.
Übersetzt, etwas ergänzt und an den deutschen Sprachgebrauch angepasst hat es Rainer Völkel, Wiesbaden. Weiter wurde es ergänzt von Nina Villwock, Linsengericht.